Österreich, die stolze, aber genervte Tourismusnation

INTEGRAL-Studie anlässlich des Welttourismustages: Starke Ambivalenzen

Österreich ist als Tourismusnation gut gesetzt. Darauf ist man hierzulande stolz, und auch die wirtschaftliche Bedeutung des Fremdenverkehrssektors ist den Menschen bewusst. Gleichzeitig zeigen sich Herr und Frau Österreicher stellenweise mit dem Tourismus überfordert, verreisen aber selbst gerne innerhalb des Landes. Auch die Bereitschaft, im Tourismus zu arbeiten, ist – euphemistisch formuliert – moderat. INTEGRAL hat anlässlich des Welttourismustages am 27. September in Kooperation mit der Prodinger Tourismusberatung eine Bestandsaufnahme in der Bevölkerung gemacht.

Außer Frage steht, dass Österreich eine wahre Tourismusnation ist. Laut UN Tourism sind wir sogar die weltweite Nummer 1, was die Ankunftszahlen pro Kopf angeht. Da überrascht es nicht, dass laut einer aktuellen INTEGRAL Onlinebefragung 86% sehr oder eher stolz darauf sind, dass Österreich für viele ausländische Touristen ein begehrtes Urlaubsziel ist. Ganze 95% stimmen der Aussage zu, dass der Tourismus wichtig für die heimische Wirtschaft ist. Die Kehrseite der Medaille: 77% meinen, die touristischen Menschenmassen können manchmal schon sehr nerven. Personen, die selbst schon im Tourismussektor gearbeitet haben, stimmen überdurchschnittlich zu. Konkret auf die eigene Region angesprochen, finden dagegen nur 38%, es gebe in der eigenen Region bzw. Stadt zu viel Tourismus. Der Overtourism wird dabei in Wien besonders stark beklagt. Bemerkenswert ist, dass immer noch 30% der Menschen, die selbst Urlaub in Österreich machen, von zu viel Tourismus in der eigenen Region sprechen.

Urlaub in Österreich steht auch bei uns hoch im Kurs

Wir halten uns auch im Urlaub gerne in unserem Land auf. 86% lassen es sich gerne an ihrem Wohnort gut gehen und 80% verreisen gerne innerhalb von Österreich. Damit liegt Österreich gleichauf mit anderen europäischen Destinationen (79%) und weit vor anderen Kontinenten (44%). Dabei spielt das Thema Nachhaltigkeit ebenfalls eine Rolle, geben doch zwei Drittel an, dass die Erreichbarkeit der Destination ohne Flugzeug relevant ist. Im Übrigen hat Nachhaltigkeit auch für exakt die Hälfte der Befragten bei der Hotelauswahl hohe Bedeutung. Und angesichts des kürzlichen Temperatursturzes kaum vorstellbar, folgt auch eine Mehrheit dem als „Coolcation“ bekannten Trend: 61% fühlen sich von Urlaub in Österreich angesprochen, weil es hier kühler ist als in anderen Regionen.

Spontan „auf einen Kaffee“ in eine andere Stadt?

Mit dem Klimaticket eröffnet sich eine aus der Mode gekommene Erscheinung völlig neu. 40% stehen einem kurzentschlossenen Besuch einer anderen Stadt mit dieser kostenlosen und nervensparenden Option offen gegenüber. Doch nicht in allen Lebenswelten ist man dafür aufgeschlossen, aber speziell die als „Zukunftsmilieus“ bezeichneten Teile der Gesellschaft finden die Idee reizvoll. Während das Sinus-Milieu der Kosmopolitischen Individualisten dabei ihre physische und mentale Mobilität gut ausleben kann, sind die Progressiven Realisten schon aus Nachhaltigkeitsüberlegungen große Klimaticket-Fans.

Das Gästeservice sollen Andere übernehmen

Im Tourismussektor immer wieder beklagt wird der sich verschärfende Fachkräftemangel. Dies belegen auch die Zahlen der aktuellen Studie: Nur 28% können sich sicher oder eher gut vorstellen, selbst im Tourismus zu arbeiten. Besonders bemerkenswert ist, dass nur knapp die Hälfte derer, die bereits in dieser Branche tätig waren, dazu auch künftig bereit sind. „Trotz der offensichtlichen Herausforderungen bietet die Branche vielfältige und spannende Arbeitsmöglichkeiten. Gerade in Zeiten, in denen Sinn und Nachhaltigkeit im Beruf immer mehr an Bedeutung gewinnen, eröffnet der Tourismus einzigartige Chancen, aktiv an der Gestaltung eines wertvollen Gästeerlebnisses mitzuwirken und gleichzeitig Teil einer dynamischen Wachstumsbranche zu sein. Das sind die Themen, die wir wieder mehr in den Mittelpunkt der Diskussion rücken müssen.“, sagt dazu Marco Riederer, Geschäftsführer der Prodinger Tourismusberatung.

Österreich, das Tourismusland mit Ambivalenzen

„Menschenmassen in touristischen Hotspots nerven die Bevölkerung, aber die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Tourismus-Sektors relativiert dieses Gefühl dann doch wieder: Der Stolz auf Österreich als attraktive Urlaubs-Destination ist sehr hoch. Die Herausforderung der Branche wird sein, dass man diesen ambivalenten Spannungszustand positiv auflädt, damit Stolz und Akzeptanz erhalten bleiben.“, sagt dazu Alexandra Mossakowski, Tourismusexpertin bei INTEGRAL.

Methodischer Hinweis

Dies sind Ergebnisse aus der INTEGRAL Eigenforschung, für die zwischen 5. und 10. September 2024 n=1.000 Personen aus dem Austrian Onlinepool online befragt wurden, repräsentativ für die österreichische Wohnbevölkerung im Alter von 16 bis 75 Jahren.

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